Budo-Camp auf Schloss Veldenz 2024
Erfreulich viele Budoka fanden sich vom 30.5. bis 2.6. auf Schloss Veldenz zu unserem diesjährigen Budo-Camp ein. Besonders positiv betrachtet der Verbandsvorstand den starken Zuwachs an Erstteilnehmern und vor allem an jungen Jiu-Jitsuka im Teenager- und Twen-Alter. Dies ist unverzichtbar, damit die ehrwürdige Tradition unserer Budo-Camps auch an die nächste Generation weitergegeben werden kann. Der Focus der Trainingseinheiten lag dieses Jahr auf Jiu-Jitsu, japanischem Schwertkampf sowie auf Modern Arnis.
Donnerstag
Traditionsbewusst begann der Donnerstag mit der offiziellen Begrüßung sowie einer Vorstellung der Referenten inklusive der Themen ihrer Unterrichtseinheiten. Dabei wurde eine Änderung bekannt gegeben: Christian Busch war leider kurzfristig ausgefallen. Mit seinem langjährigen Trainingspartner und Co-Trainer Thomas Barbachowski, ebenfalls 4. Dan, war jedoch ein kompetenter und würdiger Ersatz gefunden.
Den sportlichen Teil eröffnete wie in den Vorjahren Dr. Heinrich Schorn, 8. Dan Jiu-Jitsu, mit einer Einheit Jiu-Jitsu. Sein Hauptaugenmerk lag dabei auf natürlicher aber praxisorientierter Bewegungsschule sowie auf technisch sauberem Einsatz von Hebeltechniken. Mit geschultem Auge bemerkte er schnell die übliche Grüppchenbildung und nachdem alle warm geworden und auf das Training konzentriert waren brach er diese durch Partnerwechsel auf. Dabei motivierte er die Dan-Träger, auf Kyu-Grade zuzugehen und ihnen zu helfen. Auf diese Weise profitierten weniger erfahrene Budoka von der Kompetenz der Dan-Träger, darüber hinaus bot sich so die Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu schließen und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken.
Nach einer kurzen Pause ging es weiter im Rittersaal, da ein leichter Nieselregen eingesetzt hatte. Peter Rutkowski, 6. Dan Modern Arnis (Lakan Anim), war bereits in den Vorjahren ein geschätzter Referent des Budo-Camps und nahm erneut teil, um unseren Horizont zu erweitern. Während die Handhabung eines Arnis-Stocks sich für viele immer noch ungewohnt anfühlte, baute Peter geschickt Hebeltechniken ein, die selbst niedrig graduierten Jiu-Jitsuka vertraut waren und balancierte somit perfekt zwischen Vertrautem und Neuem. Am Ende seiner Einheit zeigte das Teilnehmerfeld einen ausgewogenen Mix aus Aha-Momenten der Erkenntnis und rauchenden Köpfen. Zum Glück hatte der Regen nachgelassen, sodass einem geselligen Abend samt Grillen, guten Gesprächen und unterhaltsamen Spielen nichts im Wege stand.
Freitag
Eine ganz andere Waffe präsentierte am Freitagmorgen Achim Vennemann, welcher seit dem ersten Budo-camp auf Schloss Veldenz als unser Schwertmeister fungiert. In seiner Kenjutsu-Einheit stellte er eine Kumitachi vor, ein Kampfszenario, welches die möglichen Kampfhandlungen von zwei Schwertkämpfern sowie ihre jeweiligen Reaktionen auf den Gegner durchspielt und analysiert. Auf diese Weise konnte er ein paar Grundlagen der Handhabung eines japanischen Schwertes auf eine interessante, spielerische Weise vermitteln. Die von Achim gewählte Kumitachi war für neugierige Budoka sehr spannend und forderte alle gleichermaßen, sowohl jene, die zum ersten Mal ein Bokken in der Hand hielten, als auch jene, die bereits einige Erfahrungen sammeln konnten.
Danach ging es erneut in den Rittersaal, wo bereits ein paar leichte Matten bereitgelegt wurden. Nun ging es nämlich in den Bodenkampf bei Patrick Neumann, welcher einen Einblick ins Brazilian Jiu-Jitsu gewährte. Der Unterschied zu unserem gewohnten Jiu-Jitsu, dessen Herkunft in Japan zu suchen ist und dessen Kampfverhalten versucht, den Boden möglichst zu vermeiden, kam sehr deutlich hervor. Der taktische Stellungskrieg in der Bodenlage, welchen Patrick auch mit einer Partie Schach verglich, war eine interessante Abwechslung für die meisten.
Nach dem Mittagessen kehrten wir zurück zu Modern Arnis bei Peter Rutkowski, dieses Mal bei schönem Wetter draußen an frischer Luft. Diese Einheit widmete er dem Trainingskonzept 1-1, welches einen weichen Fluss der Techniken ermöglichen und die Griffsicherheit steigern soll. In diesem anderen Konzept griff er zum Teil auf Techniken vom Vortag zurück, um die Teilnehmenden nicht zu überfordern und den gewünschten „Flow“ zu erreichen. Dies klappte sehr gut und einige Jiu-Jitsuka stellten positive Auswirkungen auf ihren Bewegungsfluss fest.
Anschließend widmete sich die Gruppe erneut der Handhabung des japanischen Schwertes unter Daniel von Ey, welcher einen Einblick ins Tenshin Shoden Katori Shinto-ryu gewährte, einer der ältesten noch bestehenden Kampfkunstschulen Japans. Anfängern vermittelte er die wichtigsten Grundlagen der Schwertkunst, Fortgeschrittene konnten aber auch ein paar Unterschiede zwischen verschiedenen Stilen entdecken. Auf jeden Fall war es sehr spannend, einen Einblick in eine der ältesten und bekanntesten Koryu (Jap. für „alte Schule“, also eine Kampfkunsttradition welche vor der Meiji-Restauration 1868 gegründet wurde) zu erhaschen. Erschöpft genossen die Teilnehmenden einen weiteren geselligen Abend mit gutem Essen, Lagerfeuer, angeregten Gesprächen und unterhaltsamen Spielen bis spät in die Nacht.
Samstag
Der Tag begann mit Thomas Barbachowski, 4. Dan Jiu-Jitsu, welcher sein Debüt als Referent auf Veldenz feierte. Dennoch kann er einige Erfahrung vorweisen, zumal er auf den Jugendlehrgängen zu den aktivsten Referenten gehört. Für seine Lehreinheit hatte sich Thomas etwas Besonderes einfallen lassen: um die Handfeger (auch beidhändig) als Abwehrtechnik zu üben, hatte er aus seiner Yon-Dan-Kata mehrere lange Kombinationen entwickelt. Dabei verwendete er absichtlich Techniken, welche auch den Kyu-Graden bekannt sind, forderte mit den neuen Kombinationen aber auch fortgeschrittenen Teilnehmern einige Konzentration ab. Die Handfeger sowie gewisse Elemente kehrten immer wieder in den Kombinationen vor, um den gewünschten Lerneffekt zu erzielen. Genau wie schon Heinrich Schorn vor ihm mischte Thomas die Übungspartner durch und bat die Dan-Träger, mit weniger erfahrenen Budoka zu trainieren. Mit seinem gut durchdachten Konzept sowie seinem didaktisch sinnvollen Vorgehen hinterließ Thomas einen bleibenden Eindruck.
Für die nächste Einheit hatte Thomas Allenstein, 8. Dan Jiu-Jitsu, ein ganz besonderes Konzept, um die Wahrnehmung und Orientierung der Teilnehmenden zu schulen: mit verbundenen Augen ging es ins Gelände. Aufgeteilt in Pärchen, bei denen jeweils einer Person die Augen verbunden wurden, während die andere als stummer Aufpasser neben her ging und durch leichtes Antippen den Partner lenkte, erkundete man den Wald außerhalb der Burg. Dabei galt es verschiedene Unebenheiten und Hindernisse zu überwinden. Auf einer sicheren, ebenerdigen Lichtung angekommen galt es die Griffsicherheit und Orientierung in der Kampfkunst zu üben: die Teilnehmenden sollten die von Heinrich Schorn und Peter Rutkowski unterrichteten Hebelkombinationen mit verbunden Augen gegen gehalten Angriffe üben. Abschließend ging es zurück zur Burg wo am Eingangstor ein kleiner Hindernisparcours zu überwinden war.
Nach der Mittagspause gab es vorerst eine Pause von der Kampfkunst, denn den Rest des Tages widmete Michael Allenstein der Kunst der Lederverarbeitung. Bereits im Vorjahr hatte er den Anwesenden geholfen, ein Lederetui zu basteln. Für dieses Jahr hat er etwas ganz Besonderes ausgedacht: die Teilnehmenden bekamen die Gelegenheit, unter seiner fachmännischen Anleitung, sich eine eigene Ledertasche zu basteln und diese auch zu individualisieren. Dafür hatte Michael nicht nur einiges an Material und Werkzeugen beschafft und bereitgestellt, sondern auch unzählige Stunden an Vorbereitungen getroffen.
Ohne seine aufwändigen Vorbereitungen, wäre es für Unerfahrene gar nicht möglich, eine so aufwändige Tasche inklusive Verschluss und Gürtellasche in so kurzer Zeit fertig zu stellen. Mit seiner Hilfe entstanden 33 Ledertaschen, welche nicht nur ein schönes sondern auch ein wirklich praktisches Souvenir sind. Darüber hinaus lernten alle Teilnehmenden die wichtige Lektion, das (Kunst-)Handwerk und die Arbeit dahinter mehr zu schätzen.
Abends fand traditionell die Lehrgangparty mit einem großen Büffet vom Grill und verschiedenen Salaten statt. Als kulinarische Krone gab es köstliches selbstgebackenes Brot dank Manfred Meißner, der nicht nur ein langjährig erfahrener Meister des Jiu-Jitsu, sondern ein ebenso erfahrener Bäckermeister ist. Eine weitere Überraschung verdankte die Party Manfred Thull, der zwei Musiker für den Abend engagiert hat. Mit Gitarre, Trommeln und Gesang lebte der Rittersaal zu einem wahren Fest auf. Sobald das üppige Abendessen gesackt war, eröffnete Peter Rutkowski mit seiner Partnerin die Tanzfläche mit Walzer und Rumba – später folgten auch andere der Einladung zum Tanz. Eine wirklich großartige Überraschung und ein unvergesslicher Abend.
Sonntag
Aufgrund des schlechten Wetters – der Regen hatte wieder eingesetzt – fiel die traditionelle letzte Iaido-Einheit leider aus. Dies nutzten einige, um ihre Ledertaschen mit Michaels Hilfe noch fertig zu stellen. Bei der Verabschiedung waren sich alle einig: das diesjährige Budo-Camp war trotz bescheidenen Wetters besonders gut gelungen und alle können das nächste kaum erwarten. Wir danken allen Helfenden und freuen uns darauf, euch alle nächstes Jahr wiederzusehen!