Klassische Kampfkunst im Zeitgeist

Der aktuell um sich greifenden Grippewelle zum Trotz fand am Samstag, 24.02.2018, der Lehrgang in Düsseldorf statt. Da 15 der bereits angemeldeten Budoka aus gesundheitlichen Gründen wieder absagen mussten, fanden sich dieses Mal nur 20 Personen auf der Matte ein. Die Anwesenden trainierten dafür umso motivierter. Unter dem Motto „klassische Kampfkunst im Zeitgeist“ betrachteten die Referenten die traditionellen Techniken des Jiu Jitsu und Aiki Jitsu aus dem Blickwinkel der hochaktuellen Mixed Martial Arts (MMA) sowie der modernen Selbstverteidigung.

Jiu Jitsu und MMA unter Stephan Keldungs

Den Anfang machte Stephan Keldungs, 5. Dan, wobei er seinen Fokus auf die Abwehr, aber auch auf die Ausführung von geschlagenen Angriffen legte. Der in diversen Kampfsportarten fachkundige Sportpädagoge betonte, dass der leider noch viel zu oft präsentierte einzelne Fauststoß mit einem Vorwärtsschritt weder zeitgemäß noch realistisch sei. Auch kritisierte er den weitverbreiteten Fehler, den Angriffsarm nach dem Schlag einfach vorne stehen zu lassen. Für Anfänger sowie beim Erlernen völlig neuer, unbekannter Techniken ist dies zwar durchaus sinnvoll und angemessen, hat jedoch im alltäglichen Training bei Fortgeschrittenen oder gar Dan-Trägern nichts mehr verloren und führt zu einer völlig realitätsfremden und nicht anwendbaren Selbstverteidigung. Stattdessen zeigte der Referent nun, wie man den Gegner mit blitzschnellen, vielseitigen Kombinationen aus Schlägen, Ellenbogen- und Kniestoßangriffen eindeckt – und sich auch entsprechend dagegen verteidigt.

Jiu Jitsu und MMA unter Adam Kraska

Nach einer kurzen Pause inklusive der in Düsseldorf üblichen Stärkung aus Obst, Snacks und Erfrischungsgetränken ging es dann weiter mit Adam Kraska, 5. Dan, der ebenfalls auf seine MMA-Erfahrung zurückgriff. Nahtlos die Kritik am altbackenen „Fauststoß mit Vorwärtsschritt“ aufgreifend zeigte er, wie die gewohnten Techniken ohne größere Umgewöhnung ebenso gut gegen einen Angriff aus der Linksauslage funktionieren und auch so geübt werden sollten. Ebenfalls griff er die Problematik auf, wie schwierig es ist einen bestimmten Angriff abzufangen und dagegen die gewünschte Technik einzusetzen, weswegen das flexible Eingehen auf die Reaktionen des Angreifers und das Angreifen von Fixpunkten des Körpers unumgänglich ist. Am Beispiel der Doppelhandsichel, die als „double leg takedown“ zu den weltweit beliebtesten und am meisten verbreiteten Wurftechniken gehört, demonstrierte der ehemalige MMA-Kämpfer wie wichtig es ist, mit anderen Angriffen den Gegner abzulenken, um überhaupt erst die Lücke für den Eingang in einen Wurf zu schaffen. Abschließend wurden Techniken im Übergang zwischen Stand und Bodenkampf aus dem klassischen Jiu Jitsu-Repertoire geübt.

Aiki Jitsu unter Andreas Humbert

Nach einer weiteren Pause und Stärkung präsentierte Andreas Humbert, 3. Dan, das Shin Do Goshin Ryu Aiki Jitsu. Mit Techniken, die den JiuJitsuka weitestgehend bekannt waren, zeigte er völlig neue Bewegungsmuster und Strategien auf, wie man mit der Angriffsenergie und der Aggression des Gegners verfahren kann. Schnell erkannten die Lehrgangsteilnehmer die Unterschiede zwischen Jiu Jitsu und Aiki Jitsu, welches sie einstimmig als komplexer und anspruchsvoller empfanden. Ebenso schnell wurde der Unterschied zwischen Aiki Jitsu und Aikido klar: die Erwartung der JiuJitsuka, eine sanfte und friedfertige Kunst zu erleben, wurde brutal enttäuscht –und das im wörtlichen Sinne. „Aikido ist der Wind, der dich ins Leere laufen lässt und dich zum Stolpern bringt bis deine Energie verpufft; Aiki Jitsu hingegen ist eine Wasserwelle, die dir die Beine unter dem Körper wegzieht und dich gegen einen Felsen schlägt“ formulierten die anwesenden Aiki Jitsuka ihre Philosophie.

Am Ende des Lehrgangs hatten sich alle ihren Feierabend verdient – nach einem ganz schön intensiven Lernpensum rauchten vielen die Köpfe. Kalte Getränke und eine Stärkung warteten jedoch bereits im Clubraum: gebratener Reis mit Hühnchen sowie gebratene Nudeln mit geröstetem Schweinefleisch waren soeben frisch angeliefert worden, sodass sich alle richtig stärken konnten vor dem Heimweg.

Trotz krankheitsbedingter Ausfälle stellten sich einige fleißige Budoka einem anstrengenden Lehrgang!