Reaktionsorientiertes Jiu Jitsu
Am Samstag, 11. Mai 2019, fand in Düsseldorf ein Lehrgang zu dem Thema „reaktionsorientiertes Jiu Jitsu“ statt. Im Gegensatz zu dem gewohnten Training sollten hierbei jedoch nicht nur festgelegte Abläufe wiederholt und eingeübt werden. Vielmehr lag das Augenmerk darauf, auf ein nicht festgelegtes und somit unvorhersehbares Verhalten des Angreifers einzugehen, die Situation korrekt zu erfassen und intuitiv zu agieren. Unter kontrollierten Bedingungen bekamen die über dreißig Lehrgangsteilnehmer die Möglichkeit, sich mit einem recht frei bewegenden Angreifer auseinanderzusetzen, der sie mit zahlreichen Schlagkombinationen eindeckte. Dabei kam eine ganze Palette von Schutzausrüstung zum Einsatz: von Handpratzen über Großpratzen, Box- und MMA-Handschuhe oder gar Schutzhelme. Als Ehrengast war Dr. med. Heinrich Schorn (8. Dan Jiu Jitsu) anwesend, der zwar selbst nicht referierte, jedoch aktiv die Trainingseinheiten begleitete und ein Auge auf die Sicherheit der Teilnehmer sowie korrekte Ausführung der Techniken warf.
In der ersten Einheit befasste sich Andreas Humbert (4. Dan Jiu Jitsu, 4. Dan Karate) mit dem Kampf im Stand. Dabei vermittelte er den Teilnehmern nicht nur gut umsetzbare Schlag-Tritt-Kombinationen für den eigenen Angriff, sondern auch das entsprechende Defensivverhalten, um sich vor einem wahren Hagel gegnerischer Angriffe zu schützen. Bewegungslehre, Schutzreaktionen und die eigene Koordination standen dabei im Mittelpunkt. Im weiteren Verlauf seiner Einheit übten die Teilnehmer auch taktisches Verhalten im Schlagabtausch, um den geeigneten Augenblick für den Einsatz von Hebeltechniken zu finden.
Die zweite Einheit widmete Stephan Keldungs (5. Dan Jiu Jitsu, 3. Dan Karate) dem Thema „Transitions“, also den Übergängen von Distanz zum Nahbereich sowie vom Stand zum Boden. Auch er legte viel Wert auf freie und halbfreie Angriffe, bei welchen die Teilnehmer Bewegungslehre, Distanzgefühl und taktisches Verhalten schulen konnten. Bei seinen Techniken achtete er sehr darauf, das natürliche bzw. instinktive Verhalten des Angreifers zu berücksichtigen und sich auf diese Weise einen Vorteil durch das Überraschungsmoment zu verschaffen.
In der letzten Einheit beschäftigte sich Adam Kraska (5. Dan Jiu Jitsu, 3. Dan Aiki Jitsu) mit dem Bodenkampf und auch hier hagelte es Schläge auf die am Boden liegenden Jiu Jitsuka. Er ermahnte die Teilnehmer, sich nicht krampfhaft auf eine gescheiterte Technik zu versteifen, sondern intuitiv auf das Verhalten des Gegners einzugehen, denn jede Reaktion, die den Angreifer vor einer Technik schützt, eröffnet zugleich eine Lücke für andere Möglichkeiten. Dabei ging er kurz auf ein paar wichtige Unterschiede zwischen Wettkampf und Selbstverteidigung ein.
Das Konzept des Lehrgangs bot eine lehrreiche Ergänzung zum gewohnten Training und wurde von allen Teilnehmern positiv angenommen und erfolgreich umgesetzt. Dabei wurde nicht nur die Feinmotorik, sondern auch die Kondition aller Beteiligten ganz schön auf die Probe gestellt. Obwohl es bei allen Einheiten ordentlich zur Sache ging, blieben dank den kontrollierten Bedingungen, der Schutzausrüstung sowie der gegenseitigen Aufmerksamkeit der Budoka zum Glück alle unverletzt. Völlig erschöpft, aber hörbar zufrieden stürzten sich alle auf das frisch angelieferte kleine Büffet eines chinesischen Restaurants, um sich für den Heimweg zu stärken.