Budo-Camp auf Schloss Veldenz

Vom 8. bis 11. Juni öffneten sich die Tore von Schloss Veldenz für unser traditionsreiches Trainingslager, welches bereits seit 1995 einen Höhepunkt unseres Sportjahres darstellt. Nach dem pandemiegebeutelten Vorjahr fanden sich erfreulich viele Budoka ein, darunter auch ein paar neue Gesichter. Der Vorstand unseres Verbandes begrüßte diese Entwicklung und verdeutlichte wie wichtig es ist, auch neue Teilnehmende – unabhängig von ihrer Graduierung – für diese Veranstaltung zu gewinnen. Dementsprechend wurden alle Anwesenden aufgefordert, in ihren Vereinen über Schloss Veldenz zu berichten.

Dr. Heinrich Schorn, 8. Dan Jiu Jitsu

Dr. Heinrich Schorn, 8. Dan Jiu Jitsu

Donnerstag
Nach der offiziellen Begrüßung sowie einer Vorstellung der Referenten eröffnete Dr. Heinrich Schorn, 8. Dan, den sportlichen Teil mit einer Einheit Jiu Jitsu. Sein Unterricht widmete sich dem Einsatz von Hebeln in der Selbstverteidigung mit Hauptaugenmerk auf einem schnellen, fließenden Wechsel zwischen verschiedenen Positionen oder Hebeltechniken, um die Kontrolle über einen weiterhin agierenden Gegner zu gewinnen und zu bewahren. Alle Teilnehmenden konnten so ihre Aufmerksamkeit für taktile Reize sowie ihre Griffsicherheit üben.
Nach einer kurzen Pause ging es dann weiter mit der ersten Einheit Kenjutsu unter Achim Vennemann, 3. Dan Bujutsu, 2. Dan Iaido. Beginnend mit einer kurzen Einführung in das japanische Schwert sowie seine Handhabung widmete er sich einfachen, grundlegenden Bewegungsabläufen. Damit das Vergnügen der Teilnehmenden nicht zu kurz kam, wurde das Training in Form von Partnerübungen, sogenannten Kumitachi, durchgeführt. Da die meisten Jiu-Jitsuka nur wenig bis gar keine Vorerfahrungen mit dem Schwert vorweisen konnten forderte ihnen der Unterricht viel Konzentration ab. Das Training musste wegen eines Sommerschauers zwar unterbrochen werden, doch zum Glück nur sehr kurz. Den meisten rauchte bereits der Kopf und so wurde die viertelstündige Zwangspause dankbar begrüßt. Wie üblich endete der Tag mit einem geselligen Beisammensein, begleitet von einem Festgelage rund um den Grill sowie einem Dutch Oven. Hier merkte man sofort, wie sehr uns allen der persönliche Kontakt und die Gemeinschaft während der Pandemie gefehlt haben.

Adam Kraska, 6. Dan Jiu Jitsu

Adam Kraska, 6. Dan Jiu Jitsu

Freitag
„Mit Jiu Jitsu durch die Jahrhunderte“ hieß das Thema der ersten Einheit am Freitag. Adam Kraska, 6. Dan, präsentierte Jiu-Jitsu-Techniken aus dem offiziellen Prüfungsprogramm des DFJJ NRW e.V., welche auch in älteren Stilen, den sogenannten Koryu, zu finden sind. Auf diese Weise wurden weitestgehend bekannte Techniken in einem neuen Kontext oder in einer unbekannten Variante geübt, während die Anwesenden einen kleinen Eindruck gewinnen konnten, wie sich das Jiu Jitsu in den letzten fünfhundert Jahren veränderte. Dabei ermahnte Adam, dass eine sauber ausgeführte Technik und gestreckte, stabile Handgelenke entscheidend für die Wirksamkeit der meisten Techniken sind.

Manfred Thull, 5. Dan Jiu Jitsu

Manfred Thull, 5. Dan Jiu Jitsu

Im Anschluss widmete Manfred Thull, 5. Dan, sein Training einer sehr wirksamen, doch oft unterschätzten Waffe: dem Kubotan. Zunächst stellte er verschiedene Formen und Versionen der kurzen Waffe vor, bevor er den praktischen Einsatz im Rahmen der Selbstverteidigung demonstrierte. Umgehend wurden alle Anwesenden mit einem eigenen Kubotan ausgestattet, damit sie die verheerende Wirkung dieses unscheinbaren Gegenstandes auf eigenem Leib erfahren konnten. Kurz darauf ertönten Schmerzenslaute aus allen Richtungen. Überzeugt von der Effizienz dieser Waffe freuten sich alle Teilnehmenden sehr, dass sie den soeben erhaltenen Kubotan als Geschenk behalten durften. Am Ende des Unterrichts war viel Begeisterung, aber auch ein wenig Erleichterung zu sehen. Lediglich ein schelmisches Lächeln mancher Teilnehmenden ließ erahnen, dass sie sich bereits darauf freuten, das neu erworbene Wissen nur zu gerne zuhause im Verein weiterzugeben.

Lederbearbeitung unter Michael Allenstein

Lederbearbeitung unter Michael Allenstein

Nach dem Mittagessen gab es eine kleine Pause von der Kampfkunst, denn den Rest des Tages führte Michael Allenstein alle Neugierigen in die Kunst der Lederverarbeitung ein. Hier kämpfte lediglich der eine oder andere mit den ungewohnten Werkzeugen und dem eigenen Mangel an handwerklichem Geschick. Nichtsdestotrotz war die Begeisterung groß: jeder durfte sich ein Stück Leder aussuchen und bastelte mit Michaels tatkräftiger Unterstützung ein Lederetui daraus. Besonders Eifrige trauten sich sogar an das Färben des Leders, obwohl sich ihre bisherigen Erfahrungen auf das Färben der Körper ihrer Ukes in blauen, gelben und lila Tönen beschränkte.

In der Zwischenzeit nutzten ein paar Neugierige den Nachmittag, um sich unter dem wachsamen Auge von Achim Vennemann mit verschiedenen Klingenwaffen zu befassen. In entsprechender Schutzausrüstung traf man in der Turmruine aufeinander und kreuzte Bokken (japanische Trainingsschwerter aus Holz), Naginata und Nagamaki (verschiedene japanische Stabwaffen, ebenfalls in Holzausführung) sowie europäische Schaukampfschwerter, um ihre Handhabung, Vor- und Nachteile zu beleuchten. Der Erschöpfung zum Trotz war eine kleine Gruppe noch motiviert genug, um sich spontan unter der Aufsicht von Dr. Heinrich Schorn zum Bogenschießen zusammenzufinden. Da alle Teilnehmenden bereits über die notwendigen Vorkenntnisse verfügten, dauerte die Einweisung und Sicherheitsschulung nicht zu lange und schon bald flogen Pfeile über den Burgvorplatz. Schließlich fanden sich alle erschöpft aber glücklich wieder am Grill zusammen, um den Tag mit einem angemessenen Festgelage zu beschließen.

Stephan Keldungs, 6. Dan Jiu Jitsu

Stephan Keldungs, 6. Dan Jiu Jitsu

Samstag
Der Samstag begann mit der zweiten Einheit Kenjutsu. Zunächst frischte Achim die Kumitachi vom Donnerstag noch einmal auf, wofür alle sehr dankbar waren. Erfreulicherweise zeigte das intensive Üben erste Erfolge, sodass auch eine zweite Bewegungsfolge trainiert werden konnte. Anschließend präsentierte Stephan Keldungs, 6. Dan, eine spannende, lange Kombination mit Fokus auf Hebeltechniken. Entworfen wurde diese in den 1980-er Jahren durch den verstorbenen Technischen Direktor des Verbandes, Arnold Triestram, 7. Dan. Die Abfolge von 30 Techniken wechselt vom Stand zum Boden und wieder zurück und fordert den Übenden diverse Positions- und Griffwechsel ab, was eine hervorragende Schulung der Griffsicherheit und der Beweglichkeit bietet. Auch Stephan ermahnte die Übenden, auf saubere Umsetzung der Techniken sowie auf stabile, gestreckte Handgelenke zu achten.

Thomas Allenstein, 8. Dan Jiu Jitsu

Thomas Allenstein, 8. Dan Jiu Jitsu

Gestärkt ging es nach dem Mittagessen unter der Leitung von Thomas Allenstein, 8. Dan weiter. Das Thema lautete Hanbo Jutsu und so sahen sich einige Teilnehmenden erneut mit einer ungewohnten Waffe konfrontiert. Zum Glück befasst sich Thomas bereits seit langer Zeit mit dem Umgang mit Bo und Hanbo, sodass er einige leichte Aufwärmübungen parat hat, welche spielerisch die Handhabung eines Stocks näherbringen. Nachdem sich alle mit ihren Hanbos angefreundet haben ging es dann an die Praxis: die Nutzung eines Hanbos in der Selbstverteidigung.

Christian Busch, 3. Dan Jiu Jitsu

Christian Busch, 3. Dan Jiu Jitsu

Anschließend übernahm Christian Busch, 3. Dan, die Leitung des Trainings. Bereits 2019 hatte er seine Trainingseinheit der Selbstverteidigung im Sitzen, insbesondere in einem Pub, gewidmet und nun eröffnete er eine mittelalterliche Kneipe im stimmungsvollen Rittersaal. Hier gab es zwar keine alkoholischen Getränke, dafür aber einen Haufen streitsüchtiger Gesellen, die es abzuwehren galt. Ob im Sitzen oder im Stehen, auf die Theke gestützt oder an die Wand gelehnt – überall wurde man belästigt, bedrängt und angegriffen und so galt es, sich in der Selbstverteidigung zu behaupten.
In der letzten Einheit des Tages widmete man sich dem Bogenschießen unter dem wachsamen Auge von Dr. Heinrich Schorn, wie bereits am Abend zuvor. Währenddessen schuftete eine kleine, aber sehr fleißige Crew von Helfenden, denen der Dank aller Teilnehmenden gilt, in der Küche, am Grill und am Dutch Oven, um ein festliches Bankett mit feinen Speisen aus Wild und Wildschwein sowie diversen Beilagen und Salaten zu zaubern. Das Gelage fiel dementsprechend festlich aus.

Achim Vennemann, 3. Dan Bujutsu, 2. Dan Iaido

Achim Vennemann, 3. Dan Bujutsu, 2. Dan Iaido

Sonntag
Traditionsbewusst endete das Budo-Camp wie gewohnt mit einer Einheit Iaido am Sonntagvormittag. Ob es nun an der Erschöpfung der trainingsintensiven Tage, der gleißenden Hitze oder den Nachwirkungen der feuchtfröhlichen Lehrgangsparty am Vorabend lag bleibt ungeklärt, doch auch dieses Jahr nahm nur eine kleine Handvoll Hartgesottener am abschließenden Iaido-Training unter dem wachsamen Auge von Achim Vennemann teil. Umso intensiver und hilfsbereiter widmete sich Achim den Anwesenden und ging dabei auf die Wünsche hinsichtlich der zu trainierenden Iaido-Kata ein. Dankbar nahmen die Trainierenden jede Korrektur und jede Hilfestellung des erfahrenen Lehrers an.
Die Zeit verging wie im Flug und viel zu schnell neigte sich das Budo-Camp seinem Ende. Nach der offiziellen Verabschiedung folgte eine weitere, persönlichere Verabschiedungsrunde, bevor alle den Heimweg antraten. Neben einer Teilnahmeurkunde, einem neuen Kubotan und einem selbstgebastelten Lederetui nahmen alle noch viele schöne Erinnerungen, einiges an neuem Wissen und unweigerlich auch einige blaue Flecken von diesem Kurzurlaub mit.

Wir danken allen Helfenden und freuen uns darauf, euch alle nächstes Jahr wiederzusehen!